Stabschrecken im Unterricht: Warum die Tarnkünstler still leiden
Hast du schon mal etwas von Stabheuschrecken im Unterricht gehört? Immer wieder überlegen Lehrkräfte, wie sie den Unterricht abwechslungsreich, anschaulich und spannend gestalten können. Zudem sollen Kinder lernen, Verantwortung zu übernehmen. Deshalb fällt die Wahl nicht selten auf ein „Klassentier“. Um den Pflegeaufwand aber gering zu halten, werden immer öfter Stabheuschrecken gewählt, welche dann teils auch von den Kindern am Wochenende oder in den Ferien abwechselnd mit nach Hause genommen werden können.
Warum die interessanten Insekten jedoch still unter dieser unfreiwilligen Einbeziehung in den Lehrplan leiden, erfährst du hier.
Was sind Stabheuschrecken?
Es gibt zahlreiche Arten von sogenannten Gespenstschrecken, die in Deutschland gezüchtet und verkauft werden. Darunter sind häufig Arten der Stabschrecke, fälschlicherweise auch als Stabheuschrecke bezeichnet. Denn mit einer agilen Heuschrecke haben Stabschrecken kaum etwas gemeinsam.
Die gemütlichen Tiere werden etwa 10 Zentimeter groß und können ein bis zwei Jahre alt werden. Für eine Vermehrung brauchen die Weibchen nicht unbedingt ein Männchen, denn sie können auch ohne sie Eier legen, die sie auf den Boden fallen lassen. Nach etwa vier Monaten sind die Tiere ausgewachsen und die männlichen Tiere kann man daran erkennen, dass sie kleiner bleiben. Stabschrecken ernähren sich von verschiedenen Blättern – Menschen beißen die friedlichen Tiere nicht.
Mit ihrem stabförmigen Körper wippen sie, um die beispielsweise im Wind wackelnden Blätter nachzuahmen, damit sie von Feinden nicht entdeckt werden. Stabschreckenarten leben ursprünglich in den Wäldern der Tropen und Subtropen. Doch leider werden sie hierzulande zahlreich gezüchtet, als „pflegeleichte Haustiere“ verkauft und in kleine Terrarien gesperrt. Oft sterben die Tiere an einer nicht artgerechten Haltung.
Warum Stabheuschrecken nicht in den Unterricht gehören
Auch als Anschauungsmaterial im Unterricht werden Stabschrecken wegen ihrer angeblich pflegeleichten Haltung immer öfter benutzt. Die nachtaktiven Tiere gehören jedoch absolut nicht in ein Klassenzimmer. Zum einen entsteht so der Eindruck, dass es in Ordnung wäre, Tiere aus ihren ursprünglichen Lebensräumen zu nehmen. Zum anderen leiden die kleinen Insekten oftmals in zu engen, ungeeigneten Terrarien und werden durch einen unvorsichtigen Umgang nicht selten verletzt.
Hinzu kommt, dass sich die Tiere rasant vermehren können. Weibliche Stabschrecken können mehr als drei Eier pro Tag legen. Die frisch geschlüpften Jungtiere sind nur knapp über einen Zentimeter groß und können so leicht aus schlecht gesicherten Terrarien ausbrechen oder in Wasserbehältern ertrinken. Nun wird klar, dass sie keineswegs „pflegeleicht“ sind. Vielmehr leiden sie still, vor allem wenn die anfängliche Euphorie verschwindet und die Pflege der Tiere im stressigen Schulalltag vernachlässigt wird.
Warum verlieren Stabheuschrecken ihre Beine?
Häufig verlieren Stabschrecken in Gefangenschaft ihre Beine, weil die Luftfeuchtigkeit im Terrarium zu niedrig ist. In ihrem ursprünglichen Lebensraum ist es warm und feucht – nicht so in deutschen Terrarien. Wird zu wenig Wasser gesprüht, bekommen sie Probleme beim Häuten, woran sie auch sterben können. Zudem wollen Stabschrecken nicht angefasst werden, das bedeutet für sie Todesangst. Kinder im Klassenzimmer haben jedoch oftmals den Wunsch, die Tiere auf ihren Händen krabbeln zu lassen. In ihrer Angst wollen sich die Insekten jedoch an den Ästen im Terrarium festhalten, wenn sie herausgenommen werden. Weshalb sie bei mangelnder Feinmotorik nicht selten Beine verlieren. In der Natur überlebenswichtig – in Gefangenschaft unnötiger Stress für die Tiere.
Darf man Stabschrecken freilassen?
Eigentlich ein schöner Gedanke: die Meister der Tarnung wieder in die Freiheit zu entlassen. Jedoch ist dies das sichere Todesurteil, da die Tiere hierzulande nicht überall Nahrung finden und zudem bei den kühleren Temperaturen im Herbst, Winter und Frühling sterben würden. Auch zum Schutz der heimischen Natur ist es nie gut, ein Tier, das normalerweise in anderen Teilen der Welt lebt, einfach freizulassen.
Was brauchen Stabschrecken im Terrarium?
Wenn du Stabheuschrecken beispielsweise aus schlechter Haltung ein Zuhause geben möchtest, dann solltest du auf einige Dinge achten:
- Die Tiere sollten nicht alleine gehalten werden, zudem sind die im Internet empfohlenen Terrariengrößen meist nicht ausreichend. Denn die Insekten benötigen ausreichend Platz, um sich zu häuten und um nachts Nahrung aufzunehmen, ohne dass sie übereinander krabbeln müssen.
- Der Boden des Terrariums kann mit Küchenpapier, Erde oder Sand gestaltet werden, muss aber regelmäßig gereinigt werden.
- Auch die gelegten Eier sollten zeitnah nach dem Legen eingefroren werden, um eine weitere Vermehrung auszuschließen.
- Das Terrarium sollte ausbruchsicher sein, aber auch gut belüftet, um eine Schimmelbildung zu verhindern.
- Für eine hohe Luftfeuchtigkeit müssen die Zweige täglich oder mehrmals die Woche mit Wasser benetzt werden.
- Die meisten Stabschrecken möchten keine Abwechslung bei der Nahrung und bevorzugen Brombeerblätter. Die Zweige können das ganze Jahr über gesammelt werden und es sollte darauf geachtet werden, dass keine anderen Insekten ins Terrarium eingeschleppt werden. Die Zweige sollten mindestens einmal die Woche gewechselt werden. Damit die Stabschrecken nicht in den Wassergläsern ertrinken, können Löcher in die Deckel gemacht werden, wodurch die Brombeerzweige gesteckt werden.
Dies deckt jedoch nur die wichtigsten Dinge ab, die beachtet werden müssen. Denn dieser Beitrag soll nicht dazu dienen, die Stabschreckenhaltung zu erklären, sondern darauf aufmerksam machen, dass diese Tiere – genau wie alle anderen – nicht weiter gezüchtet werden sollten.

Was Sie tun können
So macht ihr eure Schule zu einem tierfreundlichen Ort
Du willst Tieren auch in deiner Schule helfen? Wir von PETAKids haben einige Tipps für dich zusammengestellt, wie du Tieren helfen kannst. Wenn ihr Stabschrecken im Unterricht habt, könntest du dich beispielsweise an deine Eltern wenden und sie darum bitten, mit deinen Lehrer:innen über das Leid der Tiere zu sprechen.