Tierische Freunde!

Der kleine Bär – Das Glück ist ein Schmetterling

© Viviane Wagner

Eine Geschichte von Katja Lührs mit Bildern von Anne Duchêne und Viviane Wagner.

„Schmetterling, flink und frei, flieg nicht schnell an mir vorbei. Farbenfroh so wie du bist, bleib bei mir, ich liebe dich“, murmelte dichterisch, im Sprechgesang, der kleine Bär im hohen Gras sitzend vor sich hin. Diesen kleinen Vers hatte er sich gerade spontan ausgedacht, als er mit seinen bernsteinfarbenen, braun leuchtenden Augen in das Sonnenlicht blinzelte, um drei bunte Schmetterlinge zu beobachten. Sind diese hinreißenden Falter nicht atemberaubend schön, eine richtige Augenweide? Das sind wirklich hochsensible, feenhafte Wesen. Wie graziös und spielerisch sie munter in der Luft über die bunte Blumenwiese tanzen. Fabelhaft und meiner Meinung nach sind sie alle Himmelsboten, die Leichtigkeit und Frohsinn in jedes Herz bringen. Er reckte und streckte sich. Dann breitete er seine beiden Arme aus, spreizte seine Tatzen und hielt sie in die warme Frühlingssonne. Wenn er jetzt augenblicklich loslassen und fliegen könnte wie ein bunter Schmetterling, das wäre einfach phänomenal, großartig, der helle Wahnsinn. Diese Vorstellung übermannte ihn so sehr, dass er vorsichtig auf den weichen, grünen Wiesenboden sank. Langsam schloss er beide Augen und fühlte, wie der Wind die kleinen Äste mit den unzähligen grünen Blättern der uralten Eiche, unter der er lag, hin und her bewegte. Mit dieser freundlichen Geste fächelte sein Lebensbaum ihm ein frisches Lüftchen zu. „So kann es bleiben“, dachte er sich, und er spürte auf seiner dicken Bärenhaut ein sehr angenehmes Kribbeln. Plötzlich übermannte ihn ein so tiefes, friedvolles Glücksgefühl, eine innige Liebe zu seinem Baum, der grünen Wiese mit den unzähligen Gänseblümchen, blauen Glockenblumen und dem gelben Löwenzahn, dass sich Tränen der Freude in seinen freundlichen Augen sammelten und langsam seitlich bis hin zu seinen beiden Ohren, durch das dichte braune Fell, kullerten. Gerade wollte er sich in sein Lummerland wiegen, da kitzelte unglaublich zart etwas auf seiner vorwitzigen, fast schwarzen Nasenspitze. Er blinzelte erneut ins Sonnenlicht und sah einen in hundert Wasserfarben leuchtenden Schmetterling, der anscheinend seinen braunen Knubbel, seine Nase, mit einer Blume verwechselte.

„Hui, hui, hui, hast du einen Dusel“, räusperte er sich leise und vorsichtig, um den Schmetterling nicht zu erschrecken. „Warum?“, hauchte fast nicht hörbar, sehr zart der fluoreszierende, entzückende Himmelsbote. „Na ja, wenn mich meine Nase kitzelt, dann muss ich für gewöhnlich niesen und das wird dann wirklich sehr, sehr, laut. Und bei einem Niesen bleibt es auch nicht. Da könnten schon mal gut und gerne so drei bis sieben kräftige Nieser dazu kommen. Und richtige Niesanfälle mit zwölf Niesern hatte ich auch schon. Da würdest du aber ganz schön den ‚Flattermann‘ bekommen vor Schreck! Übrigens immer, wenn ich einen von euch sehe, dann hüpft mein Herz vor Freude und ich drehe eine Pirouette. Ihr alle seid so herrlich einzigartig! Alles an euch! Ihr verkörpert die wunderbare Leichtigkeit des Daseins. Ich möchte mich auch noch vor deiner Schönheit verbeugen. Toll, dass es euch gibt auf dieser grandiosen, weiten Welt. Auch, dass wir alle zusammenleben dürfen – so vielfältig wie wir sind. Dass Mutter Erde für uns in großer Liebe sorgt, uns reichhaltig beschenkt und ernährt. Sie ist schlicht und einfach gesagt grenzenlos, und wenn ich dich so ansehe, lieber Schmetterling, bist du es auch. Frei und die pure Heiterkeit, Liebe und ein großes Glücksgeschenk.“

„Wirklich, das alles empfindest du für mich?“ Der Schmetterling flatterte vorsichtig mit seinen beiden mit Blütenzauber bemalten Flügeln und landete schließlich auf dem rundlichen Bärenbauch. „Uijujui, jetzt kann ich dich nicht mehr sehen.“ Langsam und sehr umsichtig richtete der kleine Bär sich auf und kam wieder in seine für ihn gewohnte Sitzstellung. Er streckte seine rechte Tatze in Richtung Bauch und forderte mit dieser kleinen Geste den mehr als nur attraktiven Falter höflich auf, dort zu landen. „Ist sicherer hier, mein Lieber“, meinte er freundlich in Richtung Himmelsbote. „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!“ Achtsam und sehr langsam hob er seine Tatze direkt vor seine Augen, um den Gesellen – oder vielleicht auch eine Gesellin – noch näher zu betrachten. „Kannst du dich erinnern?“, setzte der Schmetterling sein Gespräch fort, „dass wir uns schon begegnet sind?“

„Wir uns? Nie und nimmer! An dich, du makellose Schönheit, könnte ich mich erinnern! Obwohl man ja nie ‚nie‘ sagen sollte.“ Leise, kaum hörbar wisperte der Schmetterling: „Zu dem Zeitpunkt war ich eine kleine unscheinbare grüne Raupe, die kann man schon gerne übersehen im hohen Gras.

Einmal hast du dich fast auf mich draufgelegt.“ „Uijujujuju, Hilfe, da musst du aber unglaublich winzig gewesen sein. Und warum warst du da noch kein Schmetterling? Dann hättest du ja augenblicklich auf- und davonfliegen können?“ „Na ja, zuerst sind wir Raupen – in unterschiedlichen Größen und auch Farben. Und wir werden dann erst viel später Schmetterlinge. Als Raupen suchen wir uns immer die besten Blätterfutterplätze und dann – ‚schmatz, schmatz‘ – legen wir los und fressen ein saftiges Blatt nach dem anderen. Zu diesem Zeitpunkt mögen uns die Menschen nicht und töten uns mit vielen unterschiedlichen Giften, weil wir die Blätter auch in ihrem Garten fressen! Gifte, die für alle Lebewesen, auch die Pflanzen, Büsche und Bäume, das Wasser, die Meere, die Luft, den Boden, ich könne dir noch einiges mehr aufzählen, sehr, sehr, schädlich sind. Viele wissen auch nicht, dass aus uns Raupen später Schmetterlinge werden, die für die Natur, die Umwelt sehr nützlich sind.“ „Das ist sehr traurig, davon wusste ich noch gar nichts. Übrigens, ich habe euch Raupen sehr oft beobachtet bei euren Fressorgien und mich dabei gefragt, wo ihr alles nur in eurem kleinen Körper unterbringt. Wie lange fresst ihr dann die vielen Blätter, die ja auch zum Glück immer wieder nachwachsen?“ „Das ist sehr unterschiedlich und kommt auf die Größe der Raupe an. Es können Tage oder auch Monate sein. Als Raupe, in meiner Raupenwelt, hatte ich so überhaupt kein Zeitgefühl in meinem kleinen Körper.“

„Wahnsinn“, der kleine Bär wandte sich zu seiner alten Eiche: „Warum hast du mir das noch nie erzählt, dass aus Raupen diese hinreißenden, friedlichen, freien Geschöpfe werden?“ Sein Lieblingsbaum, so konnte er deuten, signalisierte ihm, dass sie bis jetzt immer andere, auch sehr wichtige Themen zu besprechen hatten.

Der Schmetterling formulierte etwas umständlich mit seinem mehr als nur zarten Stimmchen: „Ja, kleiner Bär, ich bin dir sehr ähnlich. Als Raupe wollte ich nicht wie die anderen nur ständig Blätter futtern, sondern saß oft auf deinem Lieblingsbaum und habe dich gerne beobachtet, wie du schliefst. Besonders dein Schnarchen finde ich unübertrefflich! So genial, stark, kräftig und trotzdem melodisch im Klang, wie auch deine umwerfende, köstliche, brummige Stimme. Ich war und bin schon immer ein Fan von dir, dass musste ich dir einfach einmal sagen. Und deine fantastischen Freunde und ihre Kommentare, wenn ihr den Sonnenuntergang beobachtet, bis die Nacht ihren Einzug hält. Wenn dann der wundersame, oft golden schimmernde, leuchtende Vollmond am Himmel zu sehen ist, oh wow, denke ich mir dann immer wieder, auch jetzt als Schmetterling, ist das unfassbar schön. Als Raupe habe ich es geliebt, wenn es regnete. Dann konnte ich auf den Blättern hin- und her rutschen und die unzähligen Wassertropfen sehen – wie sie so farbenprächtig in der Sonne glitzerten. Auch das unterschiedliche, für mich märchenhafte Rauschen des Windes in den Zweigen berührt mich immer wieder, so wie du es auch liebst unter diesem fabelhaften Baum. Als würde die Natur, die uns alle Wünsche erfüllt, mit uns singen und pfeifen.“

„Potz Blitz! Wir haben wirklich unglaublich viele Gemeinsamkeiten, obwohl ich so groß, fast riesig und stark bin – und du so zart und fein.“ Der Schmetterling schlug aufgeregt, mehrfach, schnell hin und her mit seinen Flügeln, um seine Aussagen zu bekräftigen. „Nur, wie bist du denn von einer Raupe zu einem so traumhaften bunten Schmetterling, der sich in die Lüfte erheben und tanzen kann, wann immer er möchte, geworden?“

„Von einem Tag auf den anderen war ich als Raupe sehr, sehr müde. Mir fielen meine Augen immer wieder zu. Es war eine Müdigkeit, als hätte ich hundert Nächte und mehr nicht mehr geschlafen. Alles wurde so still, friedvoll und leise um mich herum, irgendwie magisch.“ Der kleine Bär zog etwas irritiert seine Stirn in viele Falten und murmelte kaum verständlich: „Magisch, was bedeutet das denn?“ Der sanftmütige Schmetterling erklärte kurz: „Ein leuchtender gelber Vollmond ist für mich magisch. Du kannst auch sagen: sehr inspirierend.“ „Klar doch, jetzt weiß ich, was du meinst. Erzähle bitte weiter!“ „Ich konnte plötzlich etwas, das ich vorher noch nie an mir erlebt und nicht für möglich gehalten hatte: Ich konnte mit meinem kleinen Körper seidige, dünne Fäden spinnen. Mit diesen Fäden wickelte ich mich nach und nach ein. Um mich herum wurde alles noch ruhiger, stiller und immer dunkler, aber es fühlte sich sehr vertraut an. In dieser Stille begann für mich ein neues Abenteuer und ich sank tiefer und tiefer in dieses traumhaft schöne, sanfte Gefühl. Ich konnte mir in dieser Zeit alles vorstellen und so stundenlang an einem See mit einem Wasserfall sitzen und das Glitzern der kleinen entstandenen Wellen beobachten. In der Ferne hörte ich leise die Vögel zwitschern. Alles war von einer Zauberkraft umgeben, die unbeschreiblich ausdrucksstark war. Irgendwann hörte ich sehr leise eine liebevolle, innere Stimme, die zu mir sagte, dass es jetzt an der Zeit wäre, aufzuwachen. Mein altes Raupenleben gehörte nun zur Vergangenheit. Ich staunte nicht schlecht. Und wie sollte das denn bitte gehen? War ich nicht immer noch die kleine, unscheinbare, oft unzufriedene Raupe? Tagein, tagaus nur futtern und das vielversprechende Leben zog an mir vorbei. Erneut meldete sich meine innere Stimme voller Tatendrang, dass ich mehr als nur überrascht sein werde von meinem neuen, sehr erfüllten, reichhaltigen und bunten Leben als Schmetterling.

Schmetterling, dass Wort hatte ich noch nie gehört, klang aber für mich sehr verlockend. Nur, was sollte das sein? Höre bitte auf mich, vor allem, vertraue mir. Und das tat ich dann auch.“

„Jetzt mach es doch nicht so irrsinnig spannend“, der kleine Bär überschlug sich fast mit seiner ungeduldigen Stimme und trommelte dabei mit seiner linken Tatze, auf welcher der Schmetterling nicht saß, aufgeregt auf den grünen Wiesenuntergrund. „Du bist doch sonst immer so herrlich ruhig, gelassen und geduldig“, bemerkte der Falter. „Es war eines Nachts, ich fühlte das Sternenzelt und den Mond über mir zum Greifen nahe. Ich vernahm wieder diese innige, vertraute, wohlige Stimme, die meinte: ‚Wach auf.‘ Nach einer kurzen Weile erneut, aber noch viel eindringlicher: ‚Bitte, wache jetzt endlich auf, es ist der richtige Zeitpunkt für dich. Die Sonne geht bald auf und du willst doch dein neues, erfülltes Leben nicht verpassen‘. Ich spürte die ersten Sonnenstrahlen in meinem Kokon.“ „Dann hast du aber sehr lange geschlafen“, unterbrach der kleine Bär. „Richtig, diese Frage stellte ich mir sofort. Ich bemerkte aufmerksam, dass die unzähligen dünnen Fäden, die ich als Schutzhülle um meinen Körper herumgesponnen hatte, mein Kokon, ziemlich eng wurden. Dass mein kleiner Raupenkörper offenbar nicht mehr vorhanden schien. War ich jetzt viel größer und auch dicker? Alles fühlte sich unwirklich, gewöhnungsbedürftig und total fremd an. Als mir das bewusst wurde, war ich im ersten Augenblick sehr verzweifelt und mehr als nur ängstlich. Aber Angst, ist kein guter Ratgeber, sagte ich mir und meine liebgewonnene innere Stimme bestätigte mir das sofort.“

„Gefühlsmäßig saß sie in der Mitte meines Körpers. Sie ließ nicht locker und ich konnte die Worte ‚habe keine Angst‘ in mir hören und fühlen! ‚Du wirst schon bald eine andere, für dich mächtige, Stärke in dir wahrnehmen.‘ Das ist ja alles schön und gut, dachte ich damals. Und was bedeutet das für mich jetzt in diesem Augenblick? Ich wurde zum ersten Mal so richtig ungeduldig. Wie schon erzählt, wurde mir alles zu eng in dieser fast starren Hülle und dazu noch richtig heiß im Sonnenlicht, das durch meinen Kokon schien. Bitte, ich will hier raus aus meinem engen Panzer! Übrigens, dieses viele Schlafen, Dösen, auch der Hunger, der Durst, den ich jetzt empfand, hatten mich richtig kraftlos gemacht.“

„Genau das Gefühl, kenne ich, nach meinem tiefen Winterschlaf. Hunger und Durst, das ist jedes Mal das Erste, was ich empfinde. Aber, sag mal, wie lange warst du denn in dieser Hülle, deinem Kokon?“ „Die Puppenphase, so nennt man das auch, ist auch wieder sehr unterschiedlich, je nach Schmetterling. Zwei bis vier Wochen kann das schon dauern oder den ganzen Winter über, wie bei dir und mir. Es gibt Falter, da dauert diese Phase ihres Lebens Jahre!“ „Au backe, das wäre mir zu lang!“ „Du kannst alles so gut nachfühlen, kleiner Bär. Dich in meine Lage versetzen. Auch mir wäre das mit den Jahren in der engen Behausung zu lang. Auch hier haben wir wieder viele Gemeinsamkeiten“, flüsterte der Schmetterling aufgeregt und sein zartes Stimmchen überschlug sich. Wir alle wurden geboren auf dieser wunderschönen Erde und haben so viele Gemeinsamkeiten. Wo war ich noch gleich stehen geblieben?“ „Bei deinem fürchterlich engen Kokon“, half der Bär dem Schmetterling auf die Sprünge. „Richtig, ich strengte mich an, sammelte meine ganze noch vorhandene Kraft, schnaufte dabei, so laut ich nur konnte, und fuchtelte wild mit meinem neuen Körper hin und her. Dass ich Beine und Fühler hatte, war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. ‚Strenge dich nicht so fürchterlich an, das war dein alter Lebensweg. Spüre erst mal ganz in dich hinein, ertaste gedanklich, deinen neuen Körper, dein gewonnenes inneres Kraftfeld. Atme ruhig ein und langsam wieder aus, und das ganze sieben Mal.‘ Plötzlich fühlte ich in mir so eine große, starke Sehnsucht, Neues zu erleben, richtig zu erwachen, die Welt mit anderen Augen wahrzunehmen, dass ich nur noch raus aus meinem Kokon wollte. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen, um mich aus der Hülle nach und nach rauszuschieben. Mit einer letzten riesigen Kraftanstrengung hatte ich es endlich geschafft. Mein Kokon platzte auf und fiel zu Boden, und meine Beine umklammerten den Stängel einer duftenden, im Sonnenlicht, leuchtenden Blume. ‚So, jetzt breite im Sonnenlicht deine Flügel sehr behutsam, langsam aus.

© Anne Duchêne

„Das hast du großartig gemeistert‘, hörte ich meine innere Stimme. Nun breite äußerst behutsam und sachte deine wunderschönen, farbigen Flügel aus. ‚Flügel?‘, fragte ich sofort. ‚Was ist das denn?‘ Vorsichtig tastete ich meinen Körper gedanklich von oben bis unten ab, und tatsächlich, auf meinem Rücken war etwas, das mussten meine Flügel sein. Achtsam, sehr langsam, wie in Zeitlupe, aber fast von selbst, öffneten sich meine Flügel. Dieses neue Körpergefühl empfand ich für mich in diesem Augenblick als ein Wunder. In meinem neuen Schmetterlingskörper, in meinen winzigen Beinchen bis hin zu meinen Fühlern fühlte ich ein unbeschreibliches Hochgefühl. Immer wieder juchzte ich innerlich vor Vergnügen und kräftigte mit dieser Freude mein neu gewonnenes Leben.

„Du bist jetzt ein märchenhafter, brillanter, einzigartiger Schmetterling‘, wurde mir signalisiert. Und wieder empfand ich eine innere Dankbarkeit und Freude – und ein noch tieferes inneres Vertrauen, beschützt zu sein. Diese große Dankbarkeit, die Liebe, den inneren Frieden, habe ich mir bis heute bewahrt. Mein feenhafter Körper fühlte sich so leicht, beschwingt und heiter an. Ich liebe es, mit meinen Schmetterlingsfreunden zu tanzen. Was für ein Himmelsgeschenk.“ „Was bedeutet denn für dich Liebe? Ich möchte nur wissen, ob wir von der gleichen Sache sprechen?“, so der kleine Bär. „Wenn ich eine Blume mag, dann pflücke ich diese. Wenn ich sie aber wirklich liebe, gebe ich ihr täglich Wasser. Wenn ich sie noch mehr liebe, pflücke ich sie überhaupt nicht mehr. Aber ich könnte sowieso keine Blume pflücken, dazu fehlt mir deine Kraft. Selbst wenn ich könnte, würde ich das nicht tun.“ „Warum?“ „Dann würde ich mir selber schaden, denn ich lebe von dem köstlichen Saft der Blüten. Diesen einmaligen, leckeren Nektar trinke ich täglich für meine Gesundheit. Stell dir vor, wenn alle Blumen pflücken würden, würde ich oder würden auch die Bienen verhungern. So viel zu der Liebe, auch zu den Blumen, weil du mich so eindringlich danach gefragt hast.“

„Aha“, so der kleine Bär, „das kann ich nachvollziehen! Ich pflücke auch keine Blumen, aber für mein Leben gerne schnuppere ich an ihnen. Meist duften sie einfach köstlich und so unterschiedlich. Eins hast du mir noch nicht erzählt, wie hast du deine Kunststücke in der Luft gelernt? Überhaupt das Fliegen? Und bitte, kannst du mir das auch unbedingt beibringen? Denn bevor du dich auf meine Nasenspitze gesetzt und gekitzelt hast, habe ich mir bildhaft vorgestellt, wie unglaublich fantastisch es wäre, wenn ich leicht wie eine Feder dem Himmel entgegen tanzen könnte. So wie du wundervolles Wesen!“

Der Schmetterling kicherte leise und das hörte sich sehr ulkig an. Er freute sich unendlich und schlug sofort einen Schmetterling-Purzelbaum, dann wisperte er: „Wie soll das gehen? Du bist so groß, richtig kraftvoll und stark, und das bringt dir viele Vorteile in deinem Bärenleben. Du mit deiner enormen Kraft könntest jederzeit einen jungen Baum ausreißen!“ „Gott bewahre“, so der kleine Bär, „das sind meine Freunde! Meinen Freunden helfe ich und reiße sie nicht einfach aus.“ „Na ja, ich meine das doch auch nur sinnbildlich, dass du das könntest, wenn du wolltest. Jedes Lebewesen hat seine Vorteile. und diese braucht es unbedingt für sein eigenes Leben. Du kannst aber alle Tiere, die fliegen können, beobachten und dann deine Augen schließen und dir vorstellen, du kannst es auch. Ich bin sicher, dass du in deinen Träumen schon sehr oft geflogen bist, du kannst dich vielleicht nur nicht mehr daran erinnern.“

„Da hast du recht, an den ein oder anderen Flugtraum kann ich mich sogar erinnern und das Gefühl war jedes Mal überwältigend. Oft bin ich vor Schreck aufgewacht und lag auf dem Boden der Tatsachen, dass ich es eben doch nicht fliegen kann. Aber jetzt erzähle mir doch, wie du dann letztendlich fliegen gelernt hast?“ „Unglaublich einfach, du wirst es nicht für möglich halten. Mit meinen beiden Flügeln habe ich behutsam hin und her geflattert, um sie noch mehr zu entfalten und zu glätten nach meiner langen Entwicklungsphase. Sofort merkte ich, wenn ich mit meinen zarten Beinchen den Blütenstängel nicht mehr umklammere, also losließ, dass ich mich in die Lüfte schwingen konnte. Gesagt, getan – und schon gleich war ich dem Himmel so nah. Das innere Gefühl, diese grenzenlose Freiheit, das Glück, dass sich damit einstellte, war absolut, unübertroffen einmalig. Mein ganzes Leben werde ich diese Dankbarkeit zu meiner inneren Stimme, die mich beschützt und geführt hat und es bis heute tut, nicht vergessen. Ach ja, sie meinte damals noch, Willkommen, meine große Liebe, mein Schmetterling in deinem ganz neuen, farbenprächtigen, beschwingten Leben.“

Wir Schmetterlinge sind ein Symbol für die innere Entwicklung – auch für dich kleiner Bär! Und auch für alle anderen Lebewesen auf Erden. Selbst mein Essverhalten hat sich total verändert, mit meinem Rüssel kann ich von jeder Blüte Nektar – also ihren süßen Saft – als Nahrung trinken. Mehr brauche ich nicht, um mich zu ernähren. Ich fliege – wie ich Lust und Appetit habe – von Blüte zu Blüte, und dabei habe ich immer noch Zeit, die Welt zu erkunden. Übrigens bin ich für unsere Natur ein sehr nützliches Wesen, denn ich bestäube alle Blüten, die mir auf meinen Entdeckungsreisen begegnen.“

„Bestäuben, was soll denn das bedeuten, wenn ich mir die Frage erlauben darf?“, so der kleine Bär, der aufgeregt auf seinem rundlichen Popo hin- und her rutschte. „Wie ich dir schon erzählt habe, fliege ich von Blüte zu Blüte und nehme dabei immer etwas Blütenstaub mit zur nächsten Blüte. Denn es gibt in der Natur männliche und weibliche Blüten. Und fleißig wie ich nun mal bin, bestäube ich so die männlichen und auch die weiblichen Blüten, die sonst nie zusammengekommen wären. Aus diesem Grund wachsen im Sommer die Früchte an den Bäumen, Sträuchern und aus der Erde auch allerhand Gemüse, wo ich oder auch andere die Blüten bestäubt haben. Mithilfe des Sonnenlichts und des Regens gedeiht dann alles köstlich, bis du dir, ein Beispiel von vielen, einen Apfel oder auch eine Birne vom Baum pflügst. Übrigens: Bienen, Wespen und Hummeln bestäuben auch die Blüten und sind für die Natur und für dich und viele Lebewesen fleißige Helfer.“

„Das ist ja elefantasterisch! Ohne euch gäbe es kein Obst, keine Beeren und auch viel weniger Gemüse. Wow, das muss man erstmal geistig verarbeiten, sacken lassen! Wissen die Menschen von euren guten Taten, wie nützlich ihr alle seid? Der Speiseplan der Menschen, aber auch von uns Tieren, würde dramatisch dürftig, bis überhaupt nicht mehr da sein, also ausfallen.“ Schnell wie ein geölter Blitz hatte er schon die nächste Frage auf seiner Palette und plapperte sofort weiter: „Wenn sie von euren unermüdlichen guten Taten wissen, tagein und tagaus, warum um alles in der Welt vergiften sie euch und unsere Umwelt, in der wir doch alle miteinander leben? Viele Menschen sind sehr seltsame Wesen, überhaupt, und auch ihre Handlungsweisen sind, wie in dem Fall, nicht zu verstehen.“ Der kleine Bär zog seine rechte Augenbraue in Richtung Stirn, und seine vorwitzige Nasenspitze schnüffelte in Richtung Schmetterling, der immer noch auf seiner Tatze saß. „Das ist ja gerade so, als wenn ich meine alte Eiche hochkletterte, mich auf einen Ast setzte, so richtig schwer machte, bis er abbricht! Dann plumpste ich hart auf den Boden und, um Himmelswillen, was könnte mir da alles Schlimmes passieren! Wie dumm muss ich sein, wenn ich meinen eigenen Ast ansäge? Ich habe immer gedacht, der Mensch ist das Klügste von allen Lebewesen auf der Erde. Das gibt mir dann schon zu denken! Du hattest noch erwähnt, dass ihr Schmetterlinge ein Symbol für innere Entwicklung seid.“ „Richtig, das bedeutet, wir zeigen mit unserer Verwandlung, was in der Natur alles möglich ist. Auf dich oder andere Lebewesen übertragen bedeutet das, dass man sich immer und zu jedem Zeitpunkt positiv weiterentwickeln kann.“

Der himmlische, bunte Bote schaute mit seinen Miniaugen den kleinen Bären wohlwollend an und meinte: „Mit dir könnte ich noch stundenlang hier unter deinem Lebensbaum verweilen, dich ansehen und mit dir so interessante Gespräche führen. Das habe ich mir immer gewünscht, von dir geträumt, wenn ich über dir auf einem Zweig oder Blatt lag und dich beobachtet habe aus meiner Raupenperspektive. Das zeigt wieder klar und deutlich, dass Träume in Erfüllung gehen können.“ „Was hältst du davon, wenn ich dich meinen Tierfreunden persönlich vorstelle? Wir können dann alle gemeinsam den glutroten, fantastischen Sonnenuntergang bestaunen.“

„Nichts lieber als das, mein lieber kleiner Bär. Ich möchte schnell noch die ein oder andere gelbe Löwenzahnblüte besuchen. Auch gerne in den blauen Kelch einer Glockenblume kriechen, um noch vor dem Schlafengehen köstlichen Blütensaft zu trinken. Ich bin vor Sonnenuntergang zurück, versprochen. Und darf ich noch ein bis drei Schmetterlinge, auch meine Freunde, mitbringen?“

„Gerne, mein lieber Schmetterling, du verzauberst nicht nur mein Herz, sondern auch die Herzen meiner Tierfreunde. Mein hinreißender Glücksfalter, ich freue mich auf dich, bis später.“ Der kleine Bär rief spontan noch dem süßen Schmetterling nach: „Liebe ist für mich, wenn in meiner Seele Schmetterlinge tanzen.“


Über die Autorin

Katja Lührs ist nicht nur eine bekannte Moderatorin und Künstlerin, sie schreibt und malt auch wunderschön. Zudem liebt sie Tiere, die Natur und die Umwelt!

Deshalb engagiert sich Katja schon seit mehr als 20 Jahren zusammen mit PETA für die Rechte der Tiere.

Sie ist ein Vorbild, denn sie lebt und liebt ihr tierfreundliches Leben an jedem Tag.

Mehr Informationen: www.katjalührs.com